Honey 2

Honey 2
Originaltitel: Honey 2 – Erscheinungsjahr: 2011 – Regie: Bille Woodruff

Darsteller: Katerina Graham, Seychelle Gabriel, Mario López, Audrina Patridge, Randy Wayne, Brandon Molale, Melissa Molinaro, Lonette McKee, Casper Smart, Gerry Bednob, Fatimah Hassan, Brittany Perry-Russell  u.A.

Filmkritik: „Ich bin ja nicht die Zielgruppe des Films, aber…“

Eigentlich müssten so ziemlich alle Kritiken zu „Honey 2“ so anfangen, denn nur die wenigsten Zuschauer bis etwa 14 Jahren schreiben wohl nach dem Kinobesuch eine Kritik die über „voll geil“ oder „ne, der geht irgendwie gar nicht ab“ hinausgeht.

Zumindest bin ich durch meine kleine Cousine in Kontakt mit mehreren Teilen „Highschool Musical“ gekommen, während ansonsten die Beschreibung „über 25 jährigen Mann“ wohl so gar nicht auf die anvisierte Zielgruppe zutrifft. „Honey“ ist mir nur vom Hörensagen bekannt, während zumindest bei „Step Up 3D“ der imposante 3D-Trailer vor „Resident Evil“ lief, so dass ich im Endeffekt vielleicht wenigstens einen kleinen Rahmen habe für die Bewertung.

All das ging durch meinen Kopf, bevor das Licht im Saal ausging. Doch dann sollte alles mal wieder ganz anders kommen…

Von Ghetto-Attitüden und Filmen, die stark nach DTV schmecken…

Ohne Vorwarnung wird man in eine Jugendstrafanstalt voller Ghetto-Mädels geworfen, die sich mit ausufernden Black-Momma-Manierismen gegenseitig wild antanzen. Und sofort das erste Gelächter provozieren. Aber vielleicht ist das auch gut so, denn so weiß man(n) sofort, auf welche Art Film man sich hier eingelassen hat. Die wegen dem Besitz nicht näher definierter Drogen in den Jugendvollzug gesteckte Maria Ramirez wird von „Honey 1“s Mutter adoptiert. Warum, weshalb? Entweder hat die gute Dame einfach eine soziale Phase, oder hat nach dem erfolgreichen Erziehen ihrer Tochter einfach Lust auf den sprichwörtlichen Teil 2. Persönlich tippe ich stark auf Letzteres. Apropos Mutter: Lonette McKee spielt auch hier wieder die Rolle der Mama Daniels, ihre Tochter in Form von Jessica Alba lässt sich aber trotz zahlreicher Dialogerwähnungen nicht einmal in einem Cameo blicken und fristet optisch ein einsames Leben als eingerahmtes Bild neben dem großen Flatscreen im Wohnzimmer.

Aber genug davon, schließlich haben wir es hier mit einem Sequel zu tun, dass quasi den direct-to-video-Regeln entspricht: Man nehme denselben Plot und schaffe mit einigen Nebenfiguren die Verbindung zum Erstling, da die Hauptrolle von dem Streifen sicherlich nicht mehr mitmachen will. Dann muss das Ganze nur noch mit viel Überraschungsarmut und forcierter Formelhaftigkeit abgeschmeckt werden, voila, wir haben ein Film, bei dem ein anderer Mitzuschauer sich nach dem Ende nicht ganz zu unrecht darüber beschwert hat, dass ein „Honey 2“ eigentlich nichts im Kino verloren hat.

Eskapismus fürs Zielpublikum

Aber vielleicht sehen wir alte Säcke (im Vergleich zum Zielpublikum) das Ganze auch komplett falsch. Vielleicht ist ein Film wie „Honey 2“ genau das, was die Kinder heute einfach brauchen. Vormals waren anzügliche Komödien und Horrorfilme die Königsdisziplin der Jugendunterhaltung, aber heute ist das Schnee von gestern. Das Internet klärt jeden mit Hardcore-Material auf, der auch nur alt genug ist eine Maus zu bedienen und Mord und Totschlag gibt es zuhauf in den Nachrichten, oder gleich im Viertel nebenan. Der richtige Eskapismus muss her und das heißt eine in sich einfach gegliederte, formelhafte Erfolgsgeschichte über Meike Mustermann aus der mittleren Unterschicht. Überraschungen hält das Leben schon genug bereit, die Welt wird immer schnelllebiger und man ist einem steten Wandel unterworfen, um auch morgen noch „in“ zu sein. Da macht es nur Sinn, dass dann die angestrebte, filmische Flucht aus der Realität eine einfache und vorhersehbare ist, denn wo gibt es diese Faktoren sonst noch? Auf jeden Fall nicht im Alltag der filmisch angesprochenen Tanzwütigen.

Abgesehen von solch soziologischen Überlegungen ist der Honignachschlag nicht nur für seine Zielgruppe konzipiert, sondern lebt deren Attitüde gleich 100% mit. Angefangen bei der emotionalen Reife der Figuren, die in etwa auf dem Niveau eines unsicheren Frühpubertierenden liegen, über die konsequent übersexualisierte Darstellung trotz gleichsamer Ultra-Keuschheit, die maximal einen ungelenkten Kuss zulässt, bis hin zu mehreren Subplots, die entweder kaum angerissen werden oder sich nachher in all der Tanzaction in Luft auflösen.

Regisseur Bille Woodruff, der zuvor auch schon Teil 1 inszeniert hat und für viele Musicclips, angefangen bei N’Sync, über Celine Dion bis hin zu Britney Spears, hinter der Kamera stand, kann all die cineastische Angepasstheit eigentlich auch ganz gut mit einer Optik versehen, die sich gut in restliche Mainstreamigkeit des Films einfügt. Allerdings stellt er sich mit seiner Vorliebe für Slow-Motion-Szenen gerne selbst ein Bein, denn er hat die schlechte Angewohnheit, jedes Mal bei den irrsinnigsten und lächerlichsten Gesichtsausdrücken seiner jungen Beinschwinger auf die Stop-Taste zu drücken, was die Protagonisten dann schon in ihrer eigenen Überdrehtheit schön schmoren lässt.

Tanzende Schauspieler oder schauspielende Tänzer?

Von schauspielerischer Seite irgendeine Art von Kritik zu üben ist auch müßig, schließlich machen die Figuren ihre Sache kleiderständergetreu ganz ordentlich, können tanzen und auch wenn oftmals „das Gesicht verknautschen“ verwechselt wird mit „Emotionen ausdrücken“, so muss man zumindest zugestehen, dass der gesamte Cast gut aussieht und sich ebenso gut bewegt. Mehr wird von ihnen ja nicht verlangt. Hauptdarstellerin Katerina Graham ist fürs Gesichtsknautschen und sehnsüchtig Dreinglotzen verantwortlich, Randy Wayne spielt das obligatorische White McRichkid Loveinterest und den bösen Ex-Freund darf Christopher ‚War’ Martinez spielen, der das auch, witziger Nickname hin oder her, ganz ordentlich macht. Anstatt jetzt noch von Seychelle Gabriel, die unter anderem die junge Eva Mendez in „The Spirit“ gespielt hat oder gar von Gerry Bednob zu erzählen, der nach „40 Year Old Virgin“ oder „Zack & Miri“ hier wieder einen indischen Stereotypen spielen darf, gehe ich doch lieber noch auf das ein, was man insgesamt vom Film zu erwarten hat.

Und das ist insgesamt ziemlich wenig. Ich kann nicht behaupten, mich nicht während des Films amüsiert zu haben, auch wenn es wegen all der falschen Gründe geschehen ist. Aus cineastischer Hinsicht ist „Honey 2“ einfach nur Trash. Wohl sogar deutlich mehr, als manch bewusst müllig gehaltener Streifen wie „Machete“ oder andere Werke, die sich gerade so genüsslich in B-Movie-Klischees suhlen. Das zweite Honigschnäuzchen ist durch seine eigentliche Mainstreamigkeit nur noch schrottiger, da eigentlich jedes einzelne Klischee das man erwartet exakt getroffen wird, ganz abgesehen von jenen, die man auch einfach nicht erwartet hat.

Anschauen, oder nicht anschauen, dass ist hier die Frage!

Sollte man sich den Film ansehen? Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Ob man „Honey 2“ nun als filmischen Elendstourismus mit einer zynischen Bande angeheiterter Volljähriger besucht, um sich während der Vorstellung einen abzulachen und Trinkspiele einfallen zu lassen, oder ob man als relativ medienkompetenter Halbwüchsiger dem Geschehen beiwohnt um einfach nur den Alltag für etwa zwei Stunden zu vertreiben, ist eigentlich egal. (Auch wenn ich mir mal ziemlich sicher bin, dass die letztgenannte Gruppe dieses Review wohl ohnehin niemals lesen wird.)

So oder so bekommt man bunte Bilder, aktuelle Musik und viel wiedergekäute Klischeehandlung vorgesetzt. Und natürlich kann man am Ende des Films auch etwas fürs weitere Leben mitnehmen. Die Kleinen bekommen dann gerade erst zum 65. Mal die frohe „Folgen deinen Träumen und arbeite hart, dann kannst du alles erreichen Botschaft!“ mit auf den Weg, während man als über 25 jähriger, perplexer Zuschauer zumindest mit dem Wissen entlassen wird, dass

a)    aktuelle Tänze eine Mischung aus Jackie-Chan-Action (nicht umsonst heißt eine der nächsten Filme der hiesigen Hauptdarstellerin auch „Dance-Fu“), einem notgeilen Pantomimen (auch wenn „Honey 2“ den gleichen Gag sogar im Film fast schon selbst bringt) und einem epileptischen Anfall (nein, dazu gibt es keine weitere Nebeninfo, dass ist einfach eine gute, alte Abkanzelung auf Stammtischniveau) sind. Und

b)    , dass dieses „sich gegenseitig antanzen, während man seine Arme und Finger in Ghetto-Manier verdreht“ sogar einen Namen hat und „turfen“ genannt wird. Schade nur, dass man dann nicht im Sinne des Trashs gehandelt und „Honey 2“ gleich mit der Unterzeile „Turf Wars“ versehen hat, so viel wie dieses drollig aussehende Rumgehampel hier in den Fokus gerückt wird.

….und eigentlich ist die Punktebewertung nun auch gar nicht mehr so schwer. Natürlich ist „Honey 2“ als Film eine ziemlich hohle Frucht, aber am Ende sowohl zielgruppengerecht, als auch so extrem over-the-top, dass man sich als „Außenstehender“ trotz allem durchweg unterhalten fühlen könnte. Ich kann schließlich nicht behaupten, während der Vorführung selten gelacht zu haben.

Filmbewertung: 5/10